Ly-Ling & Herr Urgesi
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- Ly-Ling & Herr Urgesi
- 2019-05-14T19:30:00+02:00
- 2019-05-14T23:59:59+02:00
Trotz gegenseitigem Respekt und dem Willen, zusammen etwas auf die Beine zu stellen, stossen die Modedesignerin Ly-Ling (36) und der Feinmassschneider Cosimo (73) bei der Herausforderung ihrer Kollaboration an Grenzen. Cosimo arbeitet seit Jahrzehnten nach festen Regeln, was sich mit Ly-Lings «Draufloskreieren» beisst. Es ist ein Aufeinanderprallen zweier Generationen, zweier Kulturen und zweier Welten, verbunden in einer gemeinsamen Passion.
Eine der beiden ProtagonistInnen des Films ist Ly-Ling Vilaysane, Absolventin der HTL Dornbirn. Exklusive Vorpremiere wegen regionalem Bezug!
CH 2018 | 81 Min | Dokumentation Regie: Giancarlo Moos | Mit: Ly-Ling Vilaysane, Cosimo Urgesi
Seinen beruflichen Werdegang beschritt Cosimo Urgesi bereits im zarten Altern von 11 Jahren. 1956 begann er im süditalienischen Apulien seine Ausbildung zum Schneider. Die Absolventen aus den Schneiderschulen von Ceglie Messapica waren in Italien und auch international wegen ihrer hohen Handwerkskunst sehr begehrt. Von dort aus wurden viele Herrenschneider von den renommiertesten Ateliers aus der ganzen Welt abgeworben. Nach seiner Ausbildung arbeitete Cosimo unter anderem in Mailand beim gehobenen Herrenkleidergeschäft Barbitta und in der Schneiderei Lutrino in Apulien, bevor er 1976 in die Schweiz kam, um für die Schneiderei Ciciriello in St. Gallen tätig zu werden. Nach weiteren Stationen bei PKZ und in der Feinmassschneiderei Kotschi in St. Gallen gründete er 1997 seine eigene Schneiderei. Heute blickt Cosimo Urgesi bereits auf über 50 Jahre Arbeitserfahrung zurück. Sein Feuer für die Schneiderkunst brennt heute noch genauso wie damals.
Ly-Ling Vilaysane wuchs als Tochter laotischer Flüchtlinge in der Schweiz auf. Ihre Eltern kamen auf der Flucht vor dem kommunistischen Regime 1979 als Boatpeople hierher. Ihre Familie fand eine neue Heimat in Appenzell Steinegg, wo Ly-Ling in die Schule ging. Anschliessend machte sie eine Ausbildung zur Modedesignerin in Paris. Seit über zehn Jahren hat sie ihr eigenes Label «aéthérée» mit Sitz in St. Gallen; für ihre Kreationen gewann sie diverse Preise. Um sich auf dem Gebiet der Anzugsschneiderei weiterzubilden und mit der Idee einer Kollaboration zwischen traditioneller Handwerkskunst und zeitgenössischem Modedesign, tat sie sich mit Cosimo Urgesi zusammen, der in ihr Atelier an der St. Galler Bahnhofstrasse zog. Dort begleitete der Zürcher Regisseur Giancarlo Moos (*1972) die beiden mit der Kamera.LY-LING & HERR URGESI erzählt die Geschichte der Zusammenarbeit zwischen dem letzten St. Galler Feinmassschneider, dem aus Apulien stammenden, in den 60er Jahren in die Schweiz eingewanderten Cosimo Urgesi (73) und der aus Laos stammenden und in Appenzell aufgewachsenen, preisgekrönten Modedesignerin Ly-Ling Vilaysane (36).
Trotz grossem gegenseitigem Respekt und dem Willen, zusammen etwas auf die Beine zu stellen, stossen Ly-Ling und Cosimo bei der Herausforderung ihrer Kollaboration an ihre Grenzen. Cosimo arbeitet seit Jahrzehnten nach festen, über Generationen hinweg vermittelten Regeln der Feinmassschneiderei. Das beisst sich zwangsläufig mit Ly-Lings Herangehensweise des „Draufloskreierens“ möglichst ohne einengende Masse im Kopf. So erfahren wir im Laufe der sich über eineinhalb Jahre erstreckenden Dokumentation, wie sich Ly-Ling und Cosimo aus dem Weg gehen, sich wieder annähern, es mit angepassten, vereinfachten Zielen neu probieren, wie Träume über Bord geworfen werden und neuen Platz machen. Es ist ein Aufeinanderprallen zweier Generationen, zweier Kulturen und zweier Welten, verbunden in einer gemeinsamen Passion.
Der Bezug des Films ist regional, das Thema ist ein globales: Ly-Ling Vilaysane und Cosimo Urgesi sind Repräsentanten zweier unterschiedlicher Einwanderer-Generationen, die sich beide erfolgreich integriert haben. Diese Gemeinsamkeit verbindet. Sie schafft eine Vertrautheit, die nebst der gemeinsamen Passion für die zweite Haut das Fundament bildet, auf dem die beiden trotz wachsender Konflikte aufbauen können. Die beiden Protagonisten gehen eine Extrameile, für die sie niemand je bezahlen wird. Es ist die Faszination für die Arbeit des anderen und die Lust am Entdecken, am In-die-Tiefe-Gehen, eine Art Slow-Food-Geist, der die beiden verbindet. Es ist eine lebensbejahende Grundhaltung, die trotz all den Entbehrungen tiefe Befriedigung mit sich bringt. Genauso soll der Film Lust auf Neues machen, aufs Ausprobieren, aufs Riskieren, aufs Überschreiten von Grenzen und Überspringen des eigenen Schattens. Lust aufs Leben. Und er stellt uns Zuschauern ohne zu werten die Frage: Wann habe ich das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?!