Naked Lunch + Support: Bernhard Eder
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- Naked Lunch + Support: Bernhard Eder
- 2013-03-16T20:30:00+01:00
- 2013-03-16T23:59:59+01:00
All is Fever lautet der Titel des neuen Albums der Herren rund um Oliver Welter. Und wie immer, wenn Naked Lunch ein Album veröffentlichen, ist es kein einfach aus dem Ärmel geschütteltes, sondern ein unter großen Anstrengungen der Künstlerseele abgerungenes. Ironie ist der Band fremd, bei Naked Lunch geht es um alles. Österreichs größte Popband erschafft Hymnen zwischen absolutem Hochgefühl und tiefster Traurigkeit. Dass auch live keine Kompromisse gemacht werden, versteht sich von selbst, über 20 Jahre Bandgeschichte belegen das eindrücklich.
Keep it hardcore!
Mit „Songs For The Exhausted“ (2004) haben sich Naked Lunch, 1991 in Klagenfurt/Österreich gegründet, ein künstlerisches Plateau geschaffen, von dem aus sie seither musikalisch und inhaltlich weitergehen.
Es folgten „This Atom Heart Of Ours“ (2007) und „Universalove“ (2009), die preisgekrönte Arbeit (Max Ophüls Preis) mit Filmregisseur Thomas Woschitz, der es gelang, Musik und Film gültig und neu miteinander zu verbinden. Mit ihrem Beitrag zu einer Theateradaption von Kafkas „Amerika“ (2011) kam die Band in Österreich in der Hochkultur an – zu ihren eigenen Bedingungen, ohne ihren ästhetischen Widerstandsgeist aufzugeben. Ihre stetig gewachsene Relevanz verdanken Naked Lunch dabei der Fähigkeit, sich immer wieder in Frage zu stellen und dann, nicht ohne Mühen, neu aufzustellen.
„All Is Fever“ nun ist das denkbar beste, in seiner Schönheit und Konsequenz durch und durch erschütternde Album, das Naked Lunch an diesem Punkt ihrer Geschichte machen konnten. Abermals haben sich diese wagemutigen Wahnsinnigen im dritten Jahrzehnt ihres Bestehens von dem, was vorher war, gelöst, hatten den Mut, nach dem langen Verfolgen der Spur eines stillen, reduzierten Albums dieses komplett zu verwerfen, nicht zuletzt aus tätigem Misstrauen zur Singer/Songwriter-Form.
Jetzt evozieren Songs wie „The Sun“ oder „Lovecourt“ konkrete Ahnungen einer besseren, reicheren, volleren Welt, in der David Lynch und Mark Frost das Budget für eine Fortsetzung von „Twin Peaks“ als Serie von Kinofilmen haben. „The Sun“ spielt im geil ausgeleuchteten (von grell hell bis schummrig und dunkel, dort, wo wir in Seelen und Unterleiben wühlen) Luna Park des kollektiven Unterbewussten. Wo Vergnügungen gefährlich sind, die Aromen so real und konkret, dass einem gut und furchtbar schlecht davon werden kann, Sex an Schuld und Sühne anstreift, aber ebenso an:„I did it with my best friend's wife/it felt like paradise.“
Mit Verbündeten wie Olaf Opal oder Gustav schöpfen Naked Lunch bei „All Is Fever“ aus dem Vollen, denken über Grenzen oder Definitionen von Indiemusik, europäischem Kunstlied, Ballade, Pop, gebrochenen humanistischen Hymnen und elektronisch unterlegtem Todes-Soul nicht einmal mehr nach. Sie geben jedem Lied, was es braucht, sind dabei zugänglich und zärtlich wie nie zuvor, machen Zeit und Geschichte spürbar, die in den Songs steckt. Ein Geschenk, weil diese Zeit und diese Geschichte jetzt (auch) uns gehören. Das steckt in diesen zehn Songs, die die Band für „All Is Fever“ über viele Monate hinweg im Studio des Naked-Lunch-Bassisten und Produzenten Herwig Zamernik erarbeitet, gespielt und produziert hat. Musik, die sich traut, schön zu sein. Wichtig. Groß. Mutig. Klug. Herzzerfetzend. Weltverlierend und weltumarmend, in ein und demselben Moment. Kein Aber, kein smartes Relativieren, keine erbärmliche Ironie. „Keep it hooray.
Oliver Welters erste Worte auf „All Is Fever“ lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Keep it hardcore / keep it real / keep it left / and please keep your will / like a hammer / like a bullet / like a bomb.“ Das Album endet mit „Funeral“, einem fast wie beiläufigen Trauer- und Abschiedslied, das explizit die Frage stellt: „Will I meet you again/is it a start or is it just the end?“. Zwischen „Keep It Hardcore“ und „Funeral“ und deren bewusst so unterschiedlichen musikalischen Ausformungen liegt und bewegt und verändert und offenbart sich „All Is Fever“ als ein Ganzes und ein Fieber, das wir alle dringend haben wollen.
Foto: Ingo Petramer
Support: Bernhard Eder
Mit dem unfassbar traurigen und berührenden Opener „Snow Fields“ schlägt Bernhard Eder ein neues und sehr spezielles Kapitel in seiner musikalischen Laufbahn auf. «Der derzeit vielleicht beste deutschsprachige, aber englisch singende Songwriter» (Soundmag.de) legt mit
seinem vierten Langspieler ein waschechtes Trennungsalbum vor, das es in sich hat.Breakup-Platten hat es in der Popgeschichte immer wieder gegeben, von Marvin Gayes «Here, My Dear» bis zu Bon Ivers Debüt «For Emma, Forever Ago», das auf poetische Weise eine gescheiterte Beziehung aufarbeitete.
Ein reines Wehklagen ist «Post Breakup Coffee» indes nicht. Klar: Natürlich transportieren die Songs auch Selbstmitleid, denn ohne dieses Gefühl läuft eine schmerzhafte Trennung nach einer längeren Beziehung nun einmal nicht ab, aber da sind auch viele andere Gefühle:
Selbstvorwürfe («I’ve been working all the time / Busy, so I missed your signs»), Zorn («You told me I was wrong / But did you think of your own mistakes that much?»), Eifersucht («Like John Lennon sang: I’m just a jealous guy») – die ganze Palette.