DEFA Filmreihe - Der Verdacht
DEFA-Filme – zwischen Verbot und „Wende“
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- DEFA Filmreihe - Der Verdacht
- 2009-12-04T20:30:00+01:00
- 2009-12-04T23:59:59+01:00
- DEFA-Filme – zwischen Verbot und „Wende“
Regie: Frank Beyer, D 1991, OF
Drehbuch: Ulrich Plenzdorf
Weihnachtliche Stimmung liegt über dem Landstrich zwischen Harz und Elbe. Der Vorsitzende des Landkreises verbietet seiner Tochter Karin, mit ihrem Freund Frank in der nahe gelegenen Großstadt ins Theater zu gehen. Doch nicht nur das. Der Vater verlangt, sie solle sich überhaupt von ihm trennen. Den Grund kann er ihr nicht nennen. Kurz darauf beginnt Karins Arbeit als Volontärin in der wichtigsten Zeitungsredaktion des Bezirkes – eine bevorzugte Stelle, wie sie nur einer Abiturientin aus gutem Hause und mit dem richtigen politischen Background zukommt. Trotz des Verbots zieht es Karin jedoch zu Frank. So wie er hat noch keiner um sie gekämpft. Sie kann sich nicht mehr losreißen von ihm, will mit ihm zusammen sein. Beide vermuten, dass der dunkle Punkt in Franks Leben sein Freund sein könnte, der als Deserteur in den Westen geflohen ist. Frank wird der Mithilfe und
Gesinnungsgenossenschaft verdächtigt. Die Eltern sind bestürzt darüber, dass Karin sich weiter zu ihm bekennt. In der Redaktion macht ihr der Parteisekretär klar, was sie ohnehin schon weiß: Sie als Angehörige des Organs der Bezirksleitung kann unmöglich mit einem Vorbestraften, der politisch verdächtig ist und aus einer politisch und
kriminell vorbelasteten Familie kommt, liiert sein. Ihr Studium, ihre ganze Zukunft stehen auf dem Spiel, mehr noch: Die gesellschaftliche Position ihres Vaters ist ebenfalls gefährdet.
Karin wird in die Enge getrieben, und schließlich beugt sie sich dem Druck von außen. Sie wird unter dem Kommando ihrer staats- und standesbewussten Mutter zur gehorsamen Maschine und lässt ihren Freund im Stich. Erst als Frank einen Selbstmordversuch unternimmt, weiß sie, was sie zu tun hat. Sie bekennt sich zu Frank und zu dem Kind, das sie von ihm erwartet.
„Der Verdacht“ wird zwar nicht zu einer öffentlichen Verurteilung, aber es ist ein ziemlich bitterer Film über den Alltag in der DDR und ein Anfang zur Vergangenheitsbewältigung der DDR-Diktatur.
Vorfilm
Doku - Östliche Landschaft
Regie: Eduard Schreiber, D 1991, 13 min, OF
Der Osten ist zur Müllkippe geworden, auf der sich der Rest der Zivilisation finden, Fetzen von Briefen und Formularen, beschädigte Puppen, halb vermoderte Messer und Gabeln. Zeitungsblätter wirbeln durch die Luft. Eine Müllkippe im Norden Berlins. Soeben ist ein Staat beerdigt worden. Schnell noch entledigt er sich seiner Fahnen und seine Bürger lassen all den Hausrat und die Symbole, die an die Vergangenheit erinnern können, zurück. Ein alter Mann versucht noch ein paar Töne auf seinem Akkordeon, ein junger Mann wirft seine Kleider weg. Am Horizont kreisen die Raben.
DEFA-Filme – zwischen Verbot und „Wende“
DEFA-Filmreihe anlässlich 20 Jahre Mauerfall
Im November jährt sich der Mauerfall zum zwanzigsten Mal. Es war den DDR-Bürgern nun möglich geworden vom internationalen Menschenrecht auf Reisefreiheit Gebrauch zum machen. Die „deutsche Wende“ (Höhepunkt war die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten) veränderte auch die Produktionsbedingungen der volkseigenen DEFA-Filmstudios (Deutsche Film AG) der DDR mit Sitz in Potsdam-Babelsberg. Die DEFA sollte laut dem Anliegen ihrer Gründer „helfen, in Deutschland die Demokratie zu restaurieren, die deutschen Köpfe vom Faschismus zu befreien und auch zu sozialistischen Bürgern erziehen“. Nach der Wende wurde die DEFA 1992 von der Treuhandanstalt verkauft. Die Rechte am DEFA-Filmstock wurden 1998 der gemeinnützigen DEFA-Stiftung übertragen.
Zweimal taucht in unserer kleinen DEFA-Filmauswahl der Regisseur Frank Beyer (1932) auf. Mit „Spur der Steine“ drehte Beyer in den 60er Jahren einen der systemkritischsten Filme, gerade auch weil er SED-Mitglied war. Seine Wurzeln sind sozialdemokratisch und antifaschistisch. Der Film wurde, wie viele andere auch, auf die Verbotsliste gesetzt. „Der Verdacht“ ist Beyers letzter Film, der von ihm im DEFA-Studio für Spielfilme Babelsberg gedreht wurde. Symbolhaft steht der Film für das Ende des DDR-Filmschaffens. Es ist ein typischer „Wendefilm“ (Ende 80er/Anfang 90er), die noch im DEFA-Produktionskontext entstanden sind. Viele dieser Filme beschäftigen sich mit der Verarbeitung der DDR-Diktatur.