aktionstheater ensemble - WELCHE KRISE?
Premiere
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- aktionstheater ensemble - WELCHE KRISE?
- 2009-12-02T20:30:00+01:00
- 2009-12-02T23:59:59+01:00
- Premiere
Ein Abend für drei Frauen und eine Band, über das Gelingen und das Scheitern von Lebensentwürfen. Gnadenlos ehrlich in Echtzeit. So liebt es Kirstin ebenso den alten Kater Erik ihrer todkranken Freundin zum Tierarzt zu bringen wie nackt, nur mit Eislaufschuhen bekleidet im Bett zu rocken. Die elegant-mondäne Roswitha aktiviert alle Punkgene, wenn sie auf der Straße junge Punks mit den Worten „ Mausi, ich war schon ein Punk, da warst du noch gar nicht auf der Welt“ anpöbelt. Babett baut Unfälle am laufenden Band mit schwarzen Autos und lässt ihre Freundin in den Bodensee stürzen. Und was hat das alles mit Marlene Dietrich, einem Vater im Ehebett, einem Aids-Kranken, Nina Hagen und einem Yorkshire Terrier zu tun? Wahrhaftige Bekenntnisse und verdichtete Geständnisse, gesteigert und konterkariert vom ultimativ rockigen 78plus-Sound. Bewegend authentisch. Skurill-Witzig und mitten aus dem Leben. Welche Krise, eine gefährlich hypertrophe Theater-Rock-Maschine.
Regie und Konzept: Martin Gruber
Text: aktionstheater ensemble und Wolfgang Mörth
Musik: 78plus
Dramaturgie/Produktion: Martin Ojster
Dramaturgie/Regieassistenz: Mona Schwitzer
Bühne/Visuals: Dolphi Danninger
Mit: Babett Arens, Roswitha Soukup, Kirstin Schwab, 78plus: Stephan Sperlich – live electronics, vocals, Guenther Berger – vocals, live electronics, Philipp Moosbrugger – double bass, Erwin Schober – drums, sampling
Biografien
Autobiografische Herzens- und Realitätsbildung
In einem mehrmonatigen Arbeits- und Probenprozess wurde anhand von authentischen Interviews, geführt mit den Schauspielerinnen des aktionstheater ensemble, eine Textfassung erarbeitet, die sich auf der Bühne zu einem dramatischen Abend entfaltet und wieder verdichtet. Die drei Darstellerinnen Babett Arens, Roswitha Soukup und Kirstin Schwab verkörpern drei Figuren mit den Namen Babett Arens, Roswitha Soukup und Kirstin Schwab, die ihre persönlichen Lebensgeschichten erzählen. Wobei die Spuren der Vergangenheit sich in der theatralen Erinnerung mit konkreter Körperlichkeit und inszenierter Performance vermischen. So verwebt sich die Entwicklung der jeweiligen Persönlichkeit immer mit dem aktuellen Zustand der Bühnengegenwart und der subjektiven Wahrnehmung der Zuhörenden.
Auf der Bühne nimmt das vormals Erlebte, Körper und Leben an. So entsteht eine essentielle Verbindung zwischen dem Prozess der Erinnerung und dem des Spiels. Sie beide sind dem Dämon des Ephemeren und der Fragmentierung ausgeliefert, der vielleicht selbst der Geist des Theaters ist.
Persönliche Krisen die sich am Ende alle ähneln - oder gar keine sind
Das Spiel mit den Realitätsebenen ist ein wesentlicher Aspekt des dramatischen Abends, denn es repräsentiert die Erkenntnis, dass die Gestaltung jeder Lebensbeschreibung an einem Modell orientiert ist, geprägt von indivdueller biografischer Erfahrungen , von Wunschvorstellungen eines gelungenen Lebenslaufs und von den unbewussten Wirkungen mythischer Werdegänge. Dementsprechend ist es für das Publikum nie sicher, ob die Darstellerinnen und Musiker nun sie selbst sind oder zu fiktiven Figuren werden, ob es sich bei den Erzählungen also um reale Ereignisse handelt oder um frei erfundene und wem die in den Geschichten vermittelten Zweifel, Wünsche und Sehnsüchte tatsächlich zuzuordnen sind.
In dieser verunsicherten, zwischen Enttäuschung, ironischer Distanz und Hoffnung changierenden Offenbarungsatmosphäre werden die zentralen Fragen gestellt: Woher kommst du? Wohin gehst du? Und was nun? Einen besonderen formalen Aspekt der verwendeten autobiografischen Modells stellt der Umstand dar, dass die Geschichten der drei Protagonistinnen an jenem Punkt enden, an dem sie sich gerade befinden, nämlich auf der Theaterbühne auf der sie gerade stehen, als Darstellerinnen in jenem Stück, das sie spielen.
Zusatz
Anlässlich des 170. Geburtstages (bzw. 140. Geburtstages) des Bregenzerwälder Kleinbauern, Schriftstellers und Sozialreformers Franz Michael Felder sollten ursprünglich einige Aspekte seiner Autobiografie dramatisiert werden, die 1869 unter dem Titel „Aus meinem Leben“ erschienen ist.
Der ästhetischen Linie des aktionstheater ensemble folgend, wollten wir diesen Stoff aber weder als psychologisches, noch als historisches Drama auf die Bühne bringen; Das heißt, den Fokus weder auf den Inhalt der persönlichen Lebensgeschichte Felders, noch auf die speziellen Zeitumstände legen, unter denen sein Werk entstanden ist. Felder Biografie- oder besser seine Autobiografie - spielte daher im Fortlauf des Prozesses lediglich insofern eine wichtige Rolle, als wir sie als Mustererzählung eines Lebens verwenden, das einige wesentliche Bestandteile der archaischen Helden- sowie der romantischen Künstlerlegenden enthält. Einen besonderen formalen Aspekt der verwendeten autobiografischen Modells stellt der Umstand dar, dass die Geschichten der drei Protagonistinnen an jenem Punkt enden, an dem sie sich gerade befinden, nämlich auf der Theaterbühne auf der sie gerade stehen, als Darstellerinnen in jenem Stück, das sie spielen.