Kindheit und Gewalt

Regie: Gerhard König und Carmen Feuchtner, Kamera und Schnitt: Daniel Pöhacker, Ton: Harald Krumböck, Peter Horneck; Österreich 2000-2006, 120 Minuten – O.m.U., Dokumentarfilm
GesprächspartnerInnen: Dan Bar On (Beer Sheva, Israel), Gertrude Bogyi (Wien), Hans Keilson (Amsterdam/Bussum), Sheila Melzak (London), Werner Leixnering (Linz), Yassaman Montazami (Paris), Jochen Walter (Hamburg)

Zur Sprache kommen TherapeutInnen und ÄrztInnen, die in ihrer Lebens- und Berufspraxis mit traumatisierten Kindern und Erwachsenen arbeiten, mit Kindern, die schwerste Gewalterfahrungen erleiden mussten, mit Erwachsenen, die diese Gewalterfahrungen in ihrer Kindheit durchleben mussten. Über die Erzählung von konkreten Kinderschicksalen werden Authentisches, Zerstörtes, Schützendes, Heilsames, Wirkungen im Einzelnen und im System, sowie in der Lebensspanne in den Blick genommen. Der Mensch und seine Bedingtheit entstehen im Blick des Kindes und aus der Sicht der Kindheit.

Ingrid Bertel schreibt:

„Seit acht Jahren versuchen König und Feuchtner mit Therapeuten, Sozialarbeitern, Ärzten zu erforschen, wie traumatisierten Kindern zu helfen wäre. Mit der von ihnen begründeten Institution „Welt der Kinder“ haben sie Kongresse veranstaltet, an denen etwa Hans Keilson, Sheila Melzak, Yassaman  Montazami, Gertrud Bogyi, Dan Bar-On teilnahmen. Sie alle bestimmen auch den Grundton in diesem Film.

Deren Arbeit mit traumatisierten Kindern ist nicht routiniert, sondern fragend, dem Kind emotional zugewandt, und sie bezieht den eigenen biografischen Hintergrund mit ein. Es ist wohl kein Zufall, dass bei vielen von ihnen dieser Hintergrund geprägt ist vom Erleben des Holocaust.

Was braucht ein Kind? Was macht Kinder verwundbar? Wie unterschiedlich reagieren sie, wenn Gewalt in ihr Leben einbricht, familiäre Gewalt, Krieg, Zerstörung ihrer Umwelt? Wie können Therapeuten diesen Kindern begegnen?

„Kindheit und Gewalt“ ist ein Film, der Sehgewohnheiten radikal bricht, indem er ganz auf erzählende Sprache vertraut, nichts „bebildert“. Der Zuseher muss sich diesen Film erarbeiten.

„Einfach zuhören, sich erkennen im Gegenüber“ nennen es die Autoren. Was dabei geschieht, ist ein seltenes Filmerlebnis: Die Menschen, allesamt Experten, Wissenschafter, werden in ihrer Emotionalität sichtbar.

 „Kindheit und Gewalt“ vermeidet gezielt den in Analytikerkreisen so beliebten Meisterdiskurs. Das Gegenüber – kein traumatisiertes Kind, sondern ein offener Erwachsener - macht spürbar, wie heilend es sein kann, wenn sich der Helfende seines Gegenübers nicht bemächtigt.