Leo Gillessen


Geboren 1954. Lebt in Heuem/St.Vith. Studium der Elektronik, Projektleiter IT. Lyrik, Essay, Kritik.
Veröffentlichungen: Die Tiefe der Freiheit 1989 - In den Armen nichts als Nacht, in: Zeitkörner 1992 - bildwärts wortbrüche die spur verlassener worte 1999 - Verwitterung (Auswahl), in: Ostende ist nicht Ostia. Ostende n’est pas Ostie 2002 - Verwitterung, Gedichte 2003 (mit Fotos von Jürgen Lauer: Vergänglichkeiten) - Spruch Reif, Sprüche und Aphorismen 2004 (mit 12 Zeichnungen von Irene Kohnen).
Literaturpreis der Deutschsprachigen Gemeinschaft 1993.
Redaktionsmitglied des KRAUTGARTEN.

         

Orientierung

Ich weiß den späten Schnee
auf der Ahnung von Farben.
Die gebleichte Zeit unter dem Ort
wo die Toten liegen, das Gesicht
zur Erde. Vergebens
die Wache unter dem Baum der Nacht.
Vergessen der Eiswind,
der diesen Kuss hauchte.
Der Gewinn ist verteilt,
die Sonne gießt ihr Rot
hinter den kalten Hügel. Wir reden
weiter, wider besseres Wissen,
und entzünden das Eis, die Ewigkeit
an den Polen. Schon irren
die Nadeln im Kreis.

Beschluss

Eben ging ich durch
Nebel und Mond, kam an
im kalten Haus, entfachte die Nacht
mit dem vergangenen Tag.

Das Jetzt dauert unentwegt an
und ist gefüllt, zum Beispiel
mit Rosen und Schnee.

Möglicherweise sah ich
an den Bachufern Tote.
Möglicherweise gehöre ich zu diesen
anderen, die davonkamen
zur rechten Zeit.
Möglicherweise sollte ich davon
nicht sprechen.
Ich beschliesse das Haus
nicht mehr zu verlassen, am Fenster
zu bleiben, bis der Mond untergeht.

 

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