Dreihundertzwanzig
(„La donna e mobile“)
Hier kann man den Nebel bewundern. Die Möwen sind riesig, stehen
auf hohen Beinen, kippen schier nach vorne. Woher kommt das Wort
Möwe? Bedeutet es etwas Trauriges? Möwen, Wildenten, Kirschgärten,
Sauerkirschen. Zwei, drei Tage lang mit ihnen im Nebel, und die
Möwen sagen oder singen sogar vor, woher das Wort kommt.
Das ewige Flackern in einem, weil man zum Beispiel ein verstecktes
Weinen, Schluchzen, ein Möwenkrächzen in einer längst
bekannten Stimme entdeckt, und mit dem kleinen Laut fällt man
durch die Kehle dessen, der spricht. Schnell darüber ein Lied
schreiben, speichern, Lied nachher umbenennen, nicht löschen,
nicht senden.
Aus: „Instabile Texte / zu zweit“, 2005, Edition Korrespondenzen,
Wien
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